FRANK WIEBE - OUTPOST MAPPINGS

F W Meine Kunst ist in diesem Sinne zeitübergreifend. Sie zeigt keine spezifische Aggression oder Gewalt, sondern steht für Kon­ flikte – die die es gab, gibt und geben wird. Sie beschäftigt sich mit der immer wiederkehrenden Konfliktbereitschaft der Menschen. Die aktuelle Serie hat den Titel „Outpost Mappings“. Es ist also eine Kartierung von Außenposten, die sich in fortwährender Auseinan- dersetzung gegenüberstehen. Wir begreifen „wir“ als Mittelpunkt des Universums. Aber unser Handeln ist nicht adäquat. Die Distanz der Darstellung ist Ausdruck eines gewissen Fatalismus, der uns aus dem Mittelpunkt rückt, den wir einzunehmen glauben. Ich versuche das Geschehen in einen entfernten Raum zu transferieren, um uns die Möglichkeit zu geben, quasi aus der Weltraumperspektive unse- rem absurden Treiben zuzuschauen. E S K Zum Schluss hätte ich noch eine Frage in Bezug auf die Ästhetik deiner Werke. Lass’ uns kurz darauf eingehen, auf welche Weise du deine Bilder kompositionell aufbaust. Zerrissene Farb- felder stehen einander gegenüber oder ergänzen sich, um eine Art „ferne Welten“ zu kreieren. Zusätzlich gibt es noch Liniengeflech- te, die an planetarische Umlaufbahnen erinnern. Kannst Du uns etwas über den Prozess des Machens erzählen? F W Wenn ich meine Arbeiten grundsätzlich anschaue, gibt es einerseits sehr kompakte Strukturen und an- dererseits solche, die vergleichsweise explosionsartig auseinan- derdriften. Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Zustände, obgleich der Ursprung der gleiche ist. Die Wahl der Mittel ist bei ei- nem Künstler – aus sich heraus – vorgegeben. Die Erweiterung der Möglichkeiten ergibt sich dann aus dem Arbeitsprozess heraus und aus dem Zusammenspiel zwischen thematischen Fragestellungen und deren technischer Umsetzung. E S K Könnte man deine Gedanken mit jenen des Philosophen Blaise Pascal (1623–1662) in Verbindung bringen? In seinem Spät- werk, den „Pensées“, stellt dieser den Menschen in die Spannung zwischen dem Nichts und dem All. Unsere Vorstellungen sind, vergli- chen mit der Wirklichkeit, nur Winzigkeiten. In diesem Universum soll der einzelne Mensch sich selbst nach seinem wahren Wert einschät- zen lernen und fragen: „Was bin ich, angesichts der Unendlichkeit?“ Und was kann ich bewirken? F W Inhaltlich möchte ich hierzu nichts sagen, aber soweit darauf antworten: Letztendlich ist Malen Denken und bestimmt so das for- male Handeln und die Entwicklung eines Künstlers. Jeder trägt auf seine Weise zu unserer Wirklichkeit bei. [Das Gespräch fand im Winter 2019/2020 in Zürich statt.] 7

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